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Die Römische Villa von Borg

vergrößern durch anklicken, Foto: Tobias Nettekoven Fotografie

Das archäologische Freilichtmuseum »Römische Villa Borg« befindet sich zwischen den Dörfern Borg und Oberleuken in der Gemeinde Perl und zählt zu den bekanntesten und größten römischen Villenanlagen im Saar-Mosel-Raum.

Das Anwesen war ein Großgehöft in der Organisationsform einer »villa rustica« (römisches Landgut mit Hauptgebäude und mehreren Wirtschafts- und Nebengebäuden).


Grabungsgeschichte

Der Bevölkerung der umliegenden Dörfer war die Siedlungsstelle bei Borg, welche später den Namen »Römische Villa Borg« tragen sollte, schon immer bekannt. Sie wurde über Jahrhunderte als Steinbruch genutzt. Aber erst der Lehrer Johann Schneider aus Oberleuken interessierte sich für die Geschichte dieses Platzes.

Bad der Röm. Villa Borg, Foto © TimeTravelRome, CC BY 2.0

Unter Leitung von Johann Schneider führte man um 1900 kleinere Grabungen durch. Dabei stellte man den römischen Ursprung des ausgedehnten Trümmerfeldes fest.

Durch die beiden Weltkriege gerieten die Forschungen Schneiders weitgehend in Vergessenheit. Es verging über ein halbes Jahrhundert, bis diese Stelle bei Borg wiederum die Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf sich zog.

Ausgedehnte Raubgrabungen drohten aber das Bodendenkmal derart zu zerstören, dass sich das damalige staatliche Konservatoramt, Abteilung Bodendenkmalpflege, veranlasst sah, eine planmäßige Ausgrabung durchzuführen.

röm. Villa Borg, Foto: © Carole Raddato,CC BY-SA 2.0

Die archäologischen Untersuchungen begannen am 1. April 1987 mit der wissenschaftlichen Zielsetzung der »Erforschung einer geschlossenen römischen Siedlungseinheit im nordwestlichen Saarland mit modernen Methoden«. Diese Grabungen dauern bis heute an und werden auch in Zukunft fortgeführt.


Forschungsgeschichte

Die »Römische Villa Borg« liegt auf den Anhöhen zwischen Saar und Mosel nahe der beiden Perler Ortsteilen Borg und Oberleuken - einem der ältesten Siedlungsgebiete des Saarlandes.

Hier, im Dreiländereck von Frankreich, Luxemburg und Deutschland, sind allein aus der römischen Zeit über 50 Fundstellen bekannt, was auf eine hohe Besiedlungsdichte und somit ein engmaschiges Netz von kleineren und größeren Villen hindeutet.

Ein weiteres bedeutendes Beispiel ist die 1852 zufällig entdeckte und in mehreren Grabungskampagnen freigelegte Villa von Nennig mit ihrem »Mosaikfußboden«.

Villa Borg, Foto © TimeTravelRome, cc-by-2.0

Das Villengelände der Villa Borg erstreckt sich auf einer kleinen Kuppe über ein Areal von circa 7,5 Hektar. Die Villa liegt unmittelbar an der einst bedeutenden römischen Fernstraße von Metz nach Trier, einem Teilstück der großen Verbindung zwischen Marseille und Köln.

Für die Archäologie war es ein Glücksfall, dass die Fundstelle seit der Antike weder landwirtschaftlich genutzt, noch in nachrömischer Zeit überbaut worden ist. Dadurch sind ein Großteil der antiken Befunde erhalten geblieben.

Im Verlauf der Ausgrabungen in der Villa Borg kamen neben römischen auch immer wieder keltische Funde zum Vorschein Die Vermutung einer ununterbrochenen Besiedlung des Platzes von der Spätlatènezeit (Latène D2 – etwa 85 bis 25 v. Chr.) in die römische Kaiserzeit liegt deshalb nahe.

Allerdings ließen sich die Funde zunächst nicht mit konkreten vorrömischen Siedlungsspuren in Verbindung bringen.

Bald kamen aber auch die Reste von Holzgebäuden zutage (in Form von noch vorhanden Pfostenlöchern und Fundamentgräben), die sich eindeutig in die keltische Latènezeit datieren lassen.

Villa Borg,Foto © Hadrian, CC BY-SA 2.0 via Wikimedia CommonsFlickr

Diese Holzbauten wurden (zu einem noch nicht eindeutig zu bestimmenden Zeitpunkt) im 1. Jahrhundert v. Chr. erbaut. Sie wurde, wie keramische Funde beweisen, bis in die frühe Römerzeit hinein benutzt.

Das erstaunlich beharrliche Festhalten am angestammten Platz war für die Errichtung von Steinbauten eher ungünstig. Doch der eindeutige Bezug der späteren Architektur auf die frühen Baubefunde legen die Annahme einer Besitzkontinuität (kontinuierliche Besiedlung und Bebauung des Platzes durch eine Familie) nahe.

Foto: © Tobias Nettekoven Fotografie

Die Geschichte der landwirtschaftlichen Siedlungsstätte begann in der späten Latènezeit und reicht somit mindestens bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. zurück und endet erst ca. 400 n. Chr.. 

Nach dieser Zeit ist an dieser Stelle nicht mehr gesiedelt worden. Die Ruinen waren teilweise bis in die Gegenwart mit Wald bedeckt und sind noch in großem Umfang in der Erde erhalten geblieben.

Das Gehöft, das schon in seiner keltischen Frühphase im Besitz einflussreicher und wohlhabender Agrarproduzenten gewesen sein dürfte, überdauerte also rund 500 Jahre. 

Seine Bauhistorie reflektiert folglich bedeutende geschichtliche Ereignisse, wie die Eroberung Galliens (57–53 v. Chr.)  durch Julius Caesar, die »Romanisierung« der Kelten, den Aufstieg Triers (Augusta Treverorum) im Römischen Reich und den Zerfall der römischen Herrschaft zur Zeit der Völkerwanderungen.

Auf spätkeltische Holzpfostenhäuser folgten zunächst frührömische Fachwerkbauten. Ab dem späten 1. Jahrhundert n. Chr. wurde Stein als Baumaterial für größere und repräsentativere Gebäude verwendet.

Foto: © Tobias Nettekoven Fotografie

Bis zum Wüstfallen der Siedlung um 400 n. Chr. wurde die Anlage mehrfach renoviert, ergänzt und umgebaut. 

Zum Teil wurden die Gebäude auch umgenutzt. Die frühen Holzbauten konnten die Archäologen anhand von Erdverfärbungen unter den Steingebäuden nachweisen. Spätantike Münzen, Glas und Keramik belegen, dass die Villa bis zum Beginn des 5. Jhdt. n.Chr. bewohnt war.


Rekonstruktion der Villa rustica

Die Untersuchungsergebnisse führten 1994 zu dem Beschluss, den herrschaftlichen Wohnbereich der »villa rustica« zu rekonstruieren. Man orientierte sich an den Grabungsbefunden und dem damaligen Stand der Forschung über die römische Villenarchitektur. Ziel war es, die Anlage so zu rekonstruieren, wie sie zur Blütezeit der Villa Borg um 200 n. Chr. ausgesehen haben könnte.

Foto: © Carol Raddato, BY-SA 2.0

Die Villenanlage erstreckte sich, wie bereits erwähnt, über eine Gesamtfläche von rund 7,5 ha. An den ca. 1,8 ha messenden herrschaftlichen Wohnteil des Gehöftes (»pars urbana«) schloss sich, durch eine Mauer und ein mächtiges Torhaus getrennt, der knapp 6 ha große Wirtschaftsteil (pars rustica) an, der ebenfalls von einer Mauer eingefasst war.

Er war rund 400 m lang, 150 m breit und durch eine Toranlage von der westlich vorbeiführenden römischen Fernstraße Trier-Metz her zugänglich. An die Umfassungsmauer waren außen weitere 14 bisher noch nicht untersuchte Nebengebäude (Scheunen, Werkstätten, wohl auch Wohnhäuser) angebaut. (siehe Bild ganz unten)

Quer zur Hauptachse der pars urbana liegt das zu Repräsentations- und Wohnzwecken genutzte Herrenhaus mit einem großzügigen Empfangssaal.

Das Herrenhaus war der Mitteltrakt eines dreiflügeligen Gebäudekomplexes. In die beiden flankierenden Flügelbauten waren ein Bade- und Küchentrakt (links des Herrenhauses) und ein Wohn- und Wirtschaftstrakt (auf der rechten Seite) untergebracht.

Zwischen den Seitenflügeln befindet sich heute ein von einer Holzbrücke überspanntes, fast 30 m langes Bassin mit Brunnenskulpturen. Aus dem großzügigen Freiraum innerhalb der pars urbana lässt sich schließen, dass die Villa über eine ausgedehnte Gartenanlage verfügt haben muss.

Foto: © Tobias Nettekoven Fotografie

An den Badebereich und den Wohnbereich grenzen weitere Raumfluchten, die sich als die römische Küche erwiesen haben.

Der palastartige Herrschaftsbereich bildet eine in sich geschlossene Einheit, die vom Wirtschaftsbereich durch eine Mauer abgetrennt war und durch die innere Toranlage betreten werden konnte.

Die 15 noch nicht ausgegrabenen Nebengebäude der pars rustica (Wirtschaftsbereich) zeichnen sich deutlich als Schutthügel ab, die sich an der Umfassungsmauer, im nordwestlich anschließenden Waldgelände zu beiden Seiten aufreihen. 

      

Pars domestica (Herrschaftsbereich)

Foto: © Tobias Nettekoven Fotografie

Die  »pars domestica« war der Bereich, die der ausschließlich der Herrschaftsfamilie vorbehalten war. Hier stand das Wohngebäude, das palastartige Dimensionen annehmen und mit außerordentlichem Luxus ausgestattet sein konnte.

Mosaik und Marmor gehörten zusammen mit qualitätvollen Wandmalereien zur Innenausstattung, wie sie auch in den Stadthäusern der privilegierten Oberschicht üblich war. Die Innenhöfe und Gärten waren nach italischem Vorbild gestaltet und zeugten vom mediterranen Lebensgefühl ihrer Besitzer.

   

Das Wohn- und Wirtschaftsgebäude

röm. Toilettenanlage, Foto: © Carole Raddato,CC BY-SA 2.0

Für das Wohn-Wirtschaftsgebäude gilt das Gleiche wie für die übrigen Baukomplexe der Villenanlage: Am sichersten lässt sich die Phase der Schlussnutzung nachweisen.

Ursprünglich war der Gebäudeflügel wegen seiner teilweise hypokaustierten (Hypocaust → Fußbodenheizung) Räume wohl als Aufenthalt während der kalten Jahreszeit konzipiert. Aufgrund der vielen kleinen Räume kann man auch von Wohnräumen und/oder Arbeitsräumen für die Diener und Sklaven ausgehen.

Hypocaust, Foto: © Carole Raddato,CC BY-SA 2.0

Spätestens nach den ersten Zerstörungen setzte eine rege Umbautätigkeit ein, in deren Zuge die Raumausstattungen erheblich verändert worden sind. So wurde in einen Raum mit apsidialem (halbkreisförmigem) Abschluss ein Kalkofen eingebaut, der in das späte 3. Jahrhundert datiert wird.

Ein anderer, vorher mit Fußbodenheizung versehener Raum, hatte nun die Funktion einer Räucherkammer, wobei auch Spolien (von lateinisch spolium: Bauteile z. B. Säulenreste, die in neuen Bauwerken wiederverwendet werden) benutzt wurden.

Im Bereich des jetzigen Medienhauses wurden Nachweise für eine Küche gefunden. Neben einem Ofen und einem Wasserbecken wurde auch eine Darre (Ofen zum Trocknen von Getreide) nachgewiesen. 

         

Pars rustica (Wirtschaftsbereich)

Der Wirtschaftsbereich  »pars rustica« ist dem palastartigen Herrenhaus vorgelagert. Die Nebengebäude sind an die ursprünglich mannshohe Umfassungsmauer angebaut.

Foto: © Tobias Nettekoven Fotografie

Eine gleichmäßige Anordnung von Nebengebäuden kann auch bei anderen Villen Galliens beobachtet werden. Sie ist aber keinesfalls die Regel und lediglich auf große Landgüter beschränkt.

Über die Funktion der Nebengebäude solcher großen Anlagen ist relativ wenig bekannt. Man geht davon aus, dass sie  in den größeren Bauten durchaus die Ausmaße kleinerer Villen erreichen. Wohl waren in diesen Gebäudeteilen Wohnungen für Verwalter und Dienstpersonal. Die übrigen Gebäude waren genutzt als Speicherbauten, Werkstätten, Stallungen und Remisen für den Fuhrpark - also Wirtschaftsbauten im weitesten Sinn.

Foto: © Tobias Nettekoven Fotografie

Die von der Mauer abgegrenzte Fläche der pars rustica war wohl in weiten Teilen als Nutzgarten hergerichtet, kleinere Teilbereiche mögen auch der Kleinviehhaltung vorbehalten gewesen sein.

Der Wirtschaftsbereich wurde durch ein in Straßennähe gelegenes äußeres Tor betreten. Auf einem geraden Weg, der vielleicht alleeartig gesäumt war, durchschritt der antike Besucher das Hofareal und erreichte die betont repräsentativ gestaltete innere Toranlage, hinter der sich der Herrschaftsbereich der Villa öffnete.   

       

Pferdeschwemme und Wirtschaftsweg

Im Zuge von geplanten Baumaßen wurde vor dem Torhaus, schon im Bereich des Wirtschaftshofes, ein weiteres Wasserbecken ausgegraben. 

Aufgrund der Lage und der Befundsituation kann man davon ausgehen, dass es sich um eine Pferdeschwemme (eine Wasserstelle, an der Pferde nach der Arbeit ins Wasser geführt und gesäubert werden konnten) handelt.

Villa Borg, Torhaus, Foto © TimeTravelRome, CC BY 2.0

Das Becken fällt von einer Schmalseite zur anderen langsam ab. Auf der flachen Seite hat es über die gesamte Schmalseite vier flache, breite Einstiegsstufen.

Das Becken ist mit dem ebenfalls aufgedeckten Wirtschaftsweg verbunden. Dieser führt vom Torhaus in südliche Richtung bis ans Ende der Umfassungsmauer der »pars urbana« und zweigt dort nach Osten in den Bereich des Wirtschaftshofes und nach Westen zum Küchenbereich ab. Dieser Weg diente vermutlich dazu, die Küche von der Rückseite der Anlage her zu beliefern.

Zwischen den im Norden gelegenen Nebengebäuden 1 und 2 und der Umfassungsmauer (»Gartenmauer«) gibt es einen ähnlichen Wirtschaftsweg.     

Der »Archäologiepark Römische Villa Borg« ist durch die Rekonstruktionen und die gärtnerische Gestaltung im römischen Stil zu einem Freilichtmuseum der besonderen Art geworden.

Das archäologische Museum im Herrenhaus zeigt vorwiegend originale Exponate. Diese werden ergänzt von nach antiken Vorlagen rekonstruierten Möbeln. Die Anlage zeigt die römische Alltagswelt und spiegelt den Zeitgeist privilegierter Römer wider.

Rekonstruktion der gesamten Anlage Villa Borg, Abb. © Tobias Nettekoven Fotografie


In einem Teil des Wohn- und Wirtschaftstrakts werden Informationen museal und multimedial präsentiert. Es wird nicht nur keltische und römische Geschichte des Saar-Mosel-Raumes vermittelt, sondern der Besucher kann Kultur und Leben der römischen Kaiserzeit mit allen Sinnen aufnehmen.

Villa Borg, Herrenhaus, Foto: © Carole Raddato,CC BY-SA 2.0

Die Räume sind nach Grabungsbefunden ausgemalt und mit Mobiliar nach antiken Vorlagen ausgestattet. So kann man sich hineinversetzen in die damalige Zeit. Vieles kann man selbst ausprobieren und unmittelbar erfahren. Der gegenüberliegende Gebäudetrakt beherbergt neben dem Villenbad auch eine Taverne. In ihr werden römische Spezialitäten serviert. In der funktionsfähig rekonstruierten »Römische Küche« finden unter anderem in regelmäßigen Abständen Backvorführungen statt.

Das Angebot der Villa Borg reicht von der Möglichkeit, nach antiken Rezepten in der römischen Küche zu kochen, römische Gerichte zu essen (taverne-borg.de) bis hin zu geführten Besichtigungen und Erlebnisführungen.

Darüber hinaus wird die Villa auch für Tagungen und Kongresse sowie als Schauplatz der »Römertage« genutzt, an denen Legionäre, Gladiatoren, Händler und Handwerker einmal im Jahr die Besucher in die Welt der Antike zurückversetzen.   

 

Quellen::www.villa-borg.de; de.wikipedia.org; archaeoflug.de; tobias-nettekoven.de; taverne-borg.de